DBU aktuell Nr. 10 | 2020

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Mikwe Worms © Stadtarchiv Worms
Ort spiritueller Reinigung – und gezeichnet durch diverse Bauschäden: Die Mikwe in Worms.
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Mikwe © Dr. Michael Auras
Die Treppe im Vorraum führt hinunter zum stark beschädigten Badeschacht.
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Mikwe © Dr. Michael Auras
Um die schwarze Gipskruste von Putz- und Sandsteinoberflächen zu entfernen, wurden Laserstrahlen getestet.
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1.) Aus dem Kulturgüterschutz: Auch zukünftig in die Vergangenheit eintauchen: Sanierung der Mikwe in Worms

Ihre Konstruktion ähnelt einem viereckigen Turm, der in die Erde gebaut ist. Auf dem Boden dieses Bauwerks sickert Grundwasser durch die Wände und füllt ein etwa acht Meter unter dem Geländeniveau gelegenes Wasserbecken. Es ist das Wasserbecken der Mikwe in Worms. Eine Mikwe ist ein jüdisches Ritualbad, das nicht der körperlichen, sondern der spirituellen Reinigung dient. Die 1185 erbaute Wormser Mikwe ist die zweitälteste in Deutschland, eine der ältesten in ganz Europa und durch eine wechselvollen Geschichte gekennzeichnet: Im 19. Jahrhundert wurde das Bad als Senkgrube für Abwasser zweckentfremdet, 1938 und 1942 durch nationalsozialistischen Vandalismus zerstört und in den 1950er Jahren kam es zu Sanierungsfehlern. Heute ist das Bauwerk aus Buntsandstein in einem schlechten baulichen Zustand.

Bauschädliche Salze und Mikroorganismen

„In nahezu allen Baustoffen wurden hohe und zum Teil sogar extreme Gehalte an bauschädlichen Salzen nachgewiesen. Insbesondere das viele Schwefeldioxid, das vermutlich durch die Luftverschmutzung eines nahegelegenen Industriegebiets verursacht wurde, hat großen Schaden angerichtet“, berichtet Constanze Fuhrmann, DBU-Referentin für Umwelt und Kulturgüter. Durch die ehemalige Nutzung als Sickergrube haben sich außerdem Nitratsalze in Sandstein und Putzen angereichert. Hinzu kommen Alkali- und weitere Sulfatbelastungen durch Reparaturen mit zementgebundenen Mörteln und Betonen. Zusammen mit der hohen beziehungsweise wechselnden Luftfeuchtigkeit kam und kommt es zu Kristallisationsprozessen der eingetragenen Salze. Obendrein führt die hohe Luftfeuchtigkeit zu einem intensiven Wachstum von Bakterien und Schimmelpilzen, sodass sich auf den Oberflächen Beläge bilden.

Doch noch immer finden sich neben den größtenteils original erhaltenen Architekturteilen Teilbestände des originalen Fugen- und Putzsystems sowie Reste der ursprünglichen Farbfassung aus dem 12. Jahrhundert. Diese erhaltenen Reste von Originalputz einschließlich gestalteter Oberfläche in einer mittelalterlichen Mikwe sind in Deutschland einzigartig. Für die Mikwe in Worms wurde ein UNESCO-Welterbe-Antrag gestellt. Das Institut für Steinkonservierung (IfS, Mainz) testete deswegen in einem DBU-geförderten Projekt unterschiedliche Verfahren, um die historischen Putz- und Fugensysteme sowie Sandsteinoberflächen zu bewahren.

Putz konserviert, Oberflächen gereinigt

„Es ist uns mit kleinsten Kalkpartikeln, sogenanntem Nanokalk, gelungen, die Putzreste zu konservieren und die Oberflächen mit einem Laserverfahren zu reinigen“, erklärt Projektleiter Dr. Michael Auras. Außerdem wurden wichtige Erkenntnisse zum Raumklima und der Belastung von Raumluft und Wandflächen gewonnen. Allerdings zeigten die Analyse eine Schwierigkeit auf: Um die mikrobielle Belastung zu reduzieren, sind trockene Bedingungen sinnvoll. Um aber das Kristallisieren der Salze zu unterbinden, ist eine dauerhaft hohe Luftfeuchte nötig. Abhilfe kann möglicherweise das Regeln der Luftfeuchte durch den Einbau einer Belüftungsanlage schaffen.

„Die Ergebnisse aus den Untersuchungen sind modellhaft und können helfen, ähnlich beschaffene Bauten zu erhalten“, so DBU-Referentin Fuhrmann. Seit Gründung der DBU ist die Bewahrung und Sicherung von national wertvollem Kulturgut ein fest verankerter Förderschwerpunkt.

Zum Nachhören: DBU-Projektpartner Dr. Michael Auras im Gespräch mit SWR2

Abschlussbericht zum Projekt unter DBU-AZ 33326

Pressemitteilung zum Projekt