DBU aktuell - Nr.7-8 | Juli-August 2007

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

DBU-aktuell 7-8/07
Zum 13. Mal Veranstaltungsort der DBU-Sommerakademie – das Klosterstift St. Marienthal in Ostritz an der Neiße
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1.) Wie nachhaltig ist die Chemie heute?

Die »Chemie« hat gestimmt - da waren sich die rund 130 Teilnehmer der in diesem Jahr zum 13. Mal durchgeführten Internationalen DBU-Sommerakademie einig.

Im Mittelpunkt der einwöchigen Veranstaltung stand die Frage, welchen Beitrag die chemische Industrie zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten kann - von der Rohstoffbasis über umweltfreundliche Synthesen und Prozesse
bis hin zur Produktentwicklung und Herstellung, insbesondere durch kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Als wichtigste Ziele wurden dabei identifiziert:

  • Energie- und Ressourceneffizienz,
  • Klimaschutz und
  • inhärent sichere Produkte.
In drei Arbeitsgruppen wurde diskutiert, wo mittelfristig durch technologische Innovationen große Umweltentlastungspotenziale zu realisieren sind und wo die drängendsten Herausforderungen liegen. Dabei bedingt Nachhaltige Chemie immer eine vernetzte ganzheitliche Betrachtungsweise entlang der gesamten Lebenskette eines Produktes. Betont wurde dabei stets, dass Umweltentlastungspotenziale weniger im Bereich der energieintensiven chemischen Produktion liegen, als vielmehr im Bereich neuer Produkte und Technologien, die von der Chemie geliefert werden.

Ausführlich beleuchtet wurde auch die künftige Rohstoffbasis der Chemie: Biotechnologische Konversionsverfahren nachwachsender Rohstoffe wurden dabei ebenso in den Blick genommen wie das Konzept der Bioraffinerie. Die Nutzungskonkurrenz zwischen stofflicher Verwendung und Nahrungsmittelverwendung, z. B. bei Mais, Raps und Weizen, führt in der Konsequenz dazu, dass der Preis für Brot mit dem Ölpreis steigen wird. Völlige Übereinstimmung bestand darin, der Nahrungsmittelproduktion bei der Nutzung nachwachsender Rohstoffe höchste Priorität einzuräumen. Statt Bioethanol aus Zucker zu erzeugen, sollten künftig stärker Reststoffe genutzt werden. Vor allem aber gilt es, das große Potenzial der Lignocellulose (Holz) zu erschließen.

In einigen Bereichen - so das Fazit der Sommerakademie - ist die Chemie in Sachen Nachhaltigkeit bereits gut aufgestellt: Hier wurden insbesondere Katalysatoren und alternative Lösemittelkonzepte hervorgehoben ebenso wie auch die stoffliche und energetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Großes Potenzial wird auch der Mikroverfahrenstechnik als ressourceneffizienter Technologie eingeräumt, mit der nachhaltige Prozesse in neuen »Prozessfenstern« - beispielsweise bei hohem Druck oder hoher Temperatur ermöglicht werden.

Die Rolle der KMU liegt vorwiegend in der marktnahen Produktentwicklung. Für sie sind die sich ändernden Markterfordernisse und die Suche nach ökonomischen Einsparpotenzialen der entscheidende Innovationstreiber in Richtung auf mehr Nachhaltigkeit. Um realistische Marktchancen zu erreichen, müssen nachhaltigere Produkte bei günstigeren Preisen eine bessere Wertentwicklung aufweisen als bislang. Hemmnisse wurden ausgemacht im Bereich der begrenzten Verfügbarkeit an Fachkräften für nachhaltig betriebene Chemie sowie bei der Umsetzung innovativer Forschungs- und Entwicklungs-arbeiten in die industrielle Praxis.