DBU aktuell Nr. 8 | 2017

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

2.) Quer- und vorausdenken für die Luft von morgen

Drei Workshops und ein »LuftLab« gaben auf der DBU-Sommerakademie vielfältige Impulse – nachfolgend die wichtigsten Ergebnisse.


Workshop "Stadtluft"

Dicke Luft: Wiederholte Überschreitungen der Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffoxide (NOx) vor allem an verkehrsnahen Messstationen. Eine bedeutende Schadstoffquelle ist der Straßenverkehr, insbesondere Diesel-PKW. Ein weiteres, in der Öffentlichkeit weniger diskutiertes Problem: Auch die Jahresmittelwerte der Ozonkonzentration an städtischen Messstationen steigen.

Frischer Wind: Das Stärken von ÖPNV und Radverkehr sowie neue Technologien wie Hybrid- und Elektrofahrzeuge haben einen positiven Effekt, führen aber allein nicht zum Ziel. Ordnungsrechtliche Maßnahmen (»Blaue Plakette«) sind kurzfristig deutlich effektiver. »Einsatzbereite« technische und ordnungsrechtliche Lösungen sind damit theoretisch vorhanden. Die Digitalisierung bietet neue Chancen,
beispielsweise durch intelligente Motorensteuerung und vernetzte Verkehrslenkung.

Luft zum Handeln: Die Politik muss entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik müssen sinnvoll ineinander greifen. Eine wichtige Rolle spielt der »Faktor Mensch«, also jeder Einzelne.


Workshop "Innenraumluft"

Dicke Luft: Alle Belastungen der Außenluft treten auch in der Innenraumluft auf, darum ist eine gute Außenluftqualität wichtig für die Innenraumluft. Dazu kommen spezifische Belastungen durch Chemikalien aus Bauprodukten, natürliche Strahlung durch das Edelgas Radon und biologische Einflüsse. Weitere individuelle Belastungen entstehen durch Konsumprodukte (Rauchen, Raumsprays, Drucker etc.).  Problematisch sind vor allem die Vielzahl der Stoffe und ihre noch unerforschten Wechselwirkungen. Dilemma: Ein erhöhter Luftaustausch verbessert die Luftqualität, führt aber unter Umständen zu Wärmeenergie-Verlusten und damit zu einem erhöhten Energieverbrauch.

Frischer Wind: Richtiges Lüften anhand energiesparender Lüftungskonzepte und -systeme. Darüber hinaus gilt es, Bewusstsein zu schaffen und Kenntnisse über emissionsarme Bauprodukte zu verbreiten. Wichtig: Einführung einer klaren Kennzeichnung für emissionsarme Produkte, vergleichbar dem abgeschafften Übereinstimmungszeichen (»Ü-Zeichen«). Schadstoffwirkungen müssen weiter erforscht und Nachweismethoden entwickelt werden.

Luft zum Handeln: Forschungseinrichtungen, Multiplikatoren und Lehrende an Schulen und Berufsschulen können helfen, Erkenntnisse zu gewinnen und zu verbreiten. Politik muss Rahmenbedingungen für neue Kennzeichnungen und den vermehrten Einbau emissionsarmer Produkte schaffen.


Workshop "Landluft"

Dicke Luft: Hoher Viehbestand produziert große Güllemengen, daraus resultieren reaktive Stickstoffverbindungen, die zur Überdüngung führen können. Insbesondere das gasförmige Ammoniak wird über die Luft verteilt und beeinflusst dadurch stickstoffarme Lebensräume. Die Folge sind Biodiversitätsverluste. Zudem reagiert Ammoniak mit anderen Luftschadstoffen und bildet Partikel (Feinstaub, beispielsweise Amoniumsulfat) oder es entstehen Säuren, die den Boden versauern. Bioaerosole – luftgetragene biologische Partikel, darunter auch Viren, Pilze und Bakterien – aus der Stallabluft können die Gesundheit gefährden.

Frischer Wind: Ansatzpunkte sind der Einbau von Filtertechnik zur Abluftreinigung, eine emissionsarme Gülleausbringung – zum Beispiel mithilfe neuer Verfahren, eine emissionsarme Güllelagerung sowie »Ställe der Zukunft«, die nicht nur tiergerecht sind, sondern auch Emissionen vermindern.

Luft zum Handeln: Landwirte benötigen Planungs- und Rechtssicherheit, um Investitionen tätigen und Maßnahmen umsetzen zu können, diese Rahmenbedingungen muss die Politik vorgeben. Diskutiert wurde auch ein geringer Fleischkonsum von Verbraucherinnen und Verbrauchern als Weg hin zur Verringerung des Tierbestandes.


"Luftlab" - Frischer Wind für neue Ideen

Thementisch »Verhaltensänderungen«: Wissen und Bewusstsein allein sind nicht verhaltensrelevant. Für Verhaltensänderungen bedarf es sozialer Vergleichsprozesse. Strategien sind ein niederschwelliger, zielgruppenspezifischer Zugang, positive Beispiele und Erlebnisse (»Coolness-Faktor«) und eine breitenwirksame Veröffentlichung von Ergebnissen.

Thementisch »Innovative Messmethoden und Citizen Science«: Von Bürgern gemessene Luftschadstoffe können – sofern sie wissenschaftliche Mindeststandards erfüllen – Daten zur Luftqualität sinnvoll ergänzen oder ein Bewusstsein für das Thema schaffen. Kleine programmierbare Sensoren zum Beispiel in der Hülle eines Smartphones eröffnen neue Messmethoden, die sich auch gut für sogenannte »Citizen Science«- Projekte eignen.

Thementisch »Synergien und Konflikte«: Komplexe Sachverhalte wie Luftqualität, Gesundheit und Klimawandel sind transdisziplinär und themenübergreifend zu diskutieren, um Synergieeffekte zu erkennen und Konflikte zu vermeiden. Dafür gilt es, institutionelle Hürden zu überwinden und einer einseitig fokussierenden Berichterstattung in den Medien entgegenzuwirken.