DBU aktuell Nr. 11/12 | November-Dezember 2014

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Strommast © RWE Bilddatenbank
Grünstrom wird durch die Verpflichtung zur Vermarktung automatisch zu Graustrom, dessen Herkunft nicht mehr nachweisbar ist.
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7.) Sladeks Appell an die Bürger: Von schlechten Gesetzen nicht entmutigen lassen

Das Thema «Zu wenig Bürgerbeteiligung« stand im Fokus des Vortrags von Ursula Sladek, Umweltpreisträgerin des Jahres 2013. Die Referentin erinnerte eingangs an eine gemeinsame Plakatkampagne der Bundesregierung und der großen Energie­versorger (EVU) aus den 1990er-Jahren, wo es hieß: »Mehr als 4 % erneuerbare Energien kann es in Deutschland nicht geben!«.

Bekanntlich liege der Anteil Erneuerbarer an der Stromproduktion derzeit bei 28,5 %, fuhr die Rednerin fort und verknüpfte damit die Feststellung, dass dieser Erfolg vor allem dem Bürgerengagement zuzuschreiben sei. Die Bürger seien von Anfang an der Motor der Energiewende gewesen.
Selbstverständlich habe auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) dabei eine Rolle gespielt, sagte Sladek. Aber auch dieses Gesetz wäre ohne die Bürger, die investiert haben und die das Bewusstsein für Veränderung geschaffen haben, wirkungslos gewesen. Ein Beispiel, das diese Behauptung unterstreicht: Während die EVU nur zu 5,5 % an der EEG-Stromerzeugung beteiligt seien und somit einen wichtigen Trend verschlafen hätten, würden die Bürger jede zweite Kilowattstunde erneuerbaren Strom finanzieren.

Umso bedenklicher sei es, dass das auf Druck der EVU novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nunmehr die Bürger ausbremse. Sladek nannte dafür drei Beispiele:

  • Erstens die Vorgabe, dass Ökostrom ab 01.08.2014 (Anlagen ab 500 kW) bzw. 01.01.2016 (Anlagen ab 100 kW) nicht mehr direkt an Verbraucher verkauft werden dürfe, sondern via Börse vermarktet werden müsse. Damit werde Grünstrom automatisch zu Grau­strom, dessen Herkunft nicht mehr nachweisbar sei. Ferner stelle die Vermarktung für kleinere Unternehmen eine immense Hürde dar, so dass diese die Hilfe großer Unternehmen in Anspruch nehmen müssten, was auf Sicht vermutlich zu einer erneuten Konzentration im Markt führe.

 

  • Zweitens würde der Strom für Anlagen über 500 kW ab 2015 nicht mehr direkt vergütet, sondern müsse über Ausschreibungen angeboten werden. Das führe dazu, dass die Transaktionskosten in die Höhe gingen, was wiederum ein Problem vor allem für kleine, dezentrale Anbieter sei. Man wisse außerdem beispielsweise aus Holland, so Sladek, dass Ausschreibungen häufig von großen Anbietern gewonnen werden, die hinterher gar nicht bauen würden.

 

  • Drittes Problem: Genossenschaften würden derzeit bei Investitionen behindert. So erteile die für Finanzdienstleistungen des Bundes zuständige BaFin gegenwärtig jeder Genossenschaft andere Auskünfte. Dies sei eine sehr schwierige und im Grunde unhaltbare Situation, so die Umweltpreisträgerin des Jahres 2013.


Abschließend wies Sladek darauf hin, dass ihrer Ansicht nach die Energiewende nicht hinzubekommen sei, ohne dass sich auch der Lebensstil der Menschen in weiten Teilen verändere. Dies bedeute keine Verschlechterung der Lebensqualität, sondern eine andere Ausrichtung der Lebensführung. Letzteres lasse sich nur gemeinsam mit dem Bürger verwirklichen, weil nur jeder Einzelne solche Veränderungen im Lebensstil umsetzen könne. Als Fazit setzte sie hinzu: Die derzeitige Gesetzeslage sei zwar schlecht, die Bürger sollten sich dadurch aber nicht entmutigen lassen, sondern weiter im Rahmen ihrer Möglichkeiten handeln, um die Energiewende voranzubringen.