»Artgerecht, umweltschonend, akzeptiert – Denkanstöße für eine Nachhaltige Tierhaltung« – so lautete der Titel einer Veranstaltung, die Ende September im DBU Zentrum für Umweltkommunikation stattfand (siehe DBU aktuell 10/14, Seite 4). DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann wies eingangs auf die zahlreichen Bemühungen hin, die Problematik der heutigen Nutztierhaltung durch Gesetze und Vorgaben einzudämmen. Fakt sei aber, dass diese Haltungsform bei Kühen, Schweinen und Geflügel im Laufe der Jahre mit gewissen regionalen Schwerpunkten eher noch zugenommen habe. Gleichzeitig entscheide sich der Verbraucher nach wie vor im Regelfall an der Ladentheke für das billigere Stück Fleisch, was diesen Trend noch verschärfe.
»Was also ist schief gelaufen?«, fragte der DBU-Chef an die Adresse des ehemaligen Staatssekretärs im Bundeslandwirtschaftsministerium und Vorsitzenden der Agrarsozialen Gesellschaft, Dr. Martin Wille, gerichtet. Wille, der seinen Vortrag aus der Sicht eines »Zeitzeugen« hielt, skizzierte eingangs den von Spezialisierung und Rationalisierung geprägten Strukturwandel, den die Landwirtschaft in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten vollzogen habe: hin zu immer weniger landwirtschaftlichen Betrieben (von 1,5 Mio. im Jahr 1960 auf heute rund 300 000 Betriebe) bei gleichzeitiger Vergrößerung der durchschnittlichen Betriebsgröße (im selben Zeitraum von 11 auf 42 ha bzw. einschließlich Neuer Länder auf 56 ha). Vor diesem Hintergrund entspräche das Bild vieler Menschen von einer (klein-)bäuerlichen Landwirtschaft mehr Wunsch als Wirklichkeit. Ein Zurück zu vormaligen landwirtschaftlichen Strukturen und Wirtschaftsweisen werde und könne es nicht geben. Entsprechenden Kampagnen fehle der Realitätsbezug, so Wille. Er räumte ein, dass seine Haltung im Laufe der Zeit »grüner« geworden sei. Wille sagte, man müsse die negative Einstellung der Bürger gegen Massentierhaltung ernst nehmen, genauso wie Trends zum Vegetarismus bzw. zu veganer Lebensweise. Weitere Futtermittelimporte und Fleischexporte in andere Länder seien der falsche Weg.
DBU-Chef Dr. Bottermann und DBU-Abteilungsleiter Prof. Dr. Werner Wahmhoff wiesen darauf hin, dass die Tierhaltung in jetziger Form vielfältige Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit habe und oft auch aus Gründen des Tierschutzes zu kritisieren sei. Um – auch weltweit betrachtet – die Ziele »Ernährungssicherheit« und »Umweltschutz« langfristig in Einklang zu bringen, müsse die Landwirtschaft insgesamt nachhaltiger werden. Die DBU versuche daher über konkrete Förder-Projekte wie das Nachhaltigkeitsbewertungssystem REPRO beziehungsweise über ein Vorhaben zur Nachhaltigkeitsbewertung von Rinder haltenden Betrieben Kriterien für eine nachhaltigere Tierhaltung und Pflanzenproduktion zu erarbeiten.
Bei REPRO handelt es sich um ein indikatorengestütztes Nachhaltigkeitsbewertungsystem, das alle Stoff- und Energieflüsse für Pflanzenbau und Tierhaltung eines landwirtschaftlichen Betriebes erfasst und bilanziert. Es ist nach sechs Kategorien gegliedert (Bewirtschaftungssystem, Stammdaten, Standort, Stoff- und Energieflüsse, ökologische und ökonomische Bewertung). Aus den Einzelindikatoren lässt sich ein Gesamtbetriebswert errechnen, der zwischen 0 (ungünstigster Fall) und 1 (günstigster Fall) liegt und so einen wichtigen Anhaltspunkt für die Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs liefert.
Das Projekt zur Entwicklung von Nachhaltigkeitsindikatoren für die Rinderhaltung verfolgt folgende Ziele:
Das Projekt wird derzeit als Kooperationsvorhaben der INL GmbH (Halle), der Universitäten Halle-Wittenberg und Bonn sowie der DLG e. V. durchgeführt und an bundesweit 14 Testbetrieben überprüft.