Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Träger des Deutschen Umweltpreises der DBU, forderte in seinem Vortrag zum Klimaschutz anlässlich der 25-Jahr-Feier der DBU, alte Muster des Denkens aufzubrechen. In den letzten 120, 130 Jahren sei in Sachen Klimawandel ein klarer Trend nach oben zu registrieren. Davon, dass er eine Pause eingelegt habe, könne gar keine Rede sein. 2016 werde das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sein, das Eis in Arktis und Antarktis habe einen historischen Tiefstand erreicht. Schellnhuber: »Es passiert etwas höchst Dramatisches. Wir sind schon in eine Gruppe von Stop-Schildern hineingefahren und erleben einen Eingriff in die Schöpfung allererster Dramatik.«
Schellnhuber forderte einen Ausstieg aus der Kohle, die komplette Dekarbonisierung, weniger Individualverkehr und neue Methoden beim zukünftigen Städte- und Straßenbau. Wir bräuchten Innovationen, müssten geeignete Infrastrukturen schaffen – und dabei alle Bevölkerungsschichten und Generationen mitnehmen. Schellnhuber: »Wir müssen mitfühlen mit zukünftigen Generationen und unsere Solidarität ausdehnen auf Menschen, die noch gar nicht geboren sind.« Ein gestaltender Staat müsse das Heft des Handelns wieder in die Hand nehmen. Schellnhubers Schlussappell: »Die Intellektuellen in Deutschland müssen endlich Position beziehen.«
Walz: Innovationen – sozialwissenschaftlich betrachtet
Prof. Dr. Rainer Walz, Leiter des Competence Centers Nachhaltigkeit und Infrastruktursysteme am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (Karlsruhe), ging in seinem Festvortrag aus sozialwissenschaftlicher Sicht auf das Thema Innovationen ein. Er forderte experimentierfreudige Unternehmen und Organisationen, einen gestaltenden Staat und hohes Umweltbewusstsein verbunden mit der Bereitschaft zur Verhaltensänderung.
Bisher sei es aber nur in Teilbereichen zu einem wesentlichen Anstieg der Dynamik von Umweltinnovationen gekommen. Walz wörtlich: »Innovationen sind aber nicht einfach durch höhere Ausgaben bei Forschung und Entwicklung zu steigern: Da Wissen verteilt bei Wissenschaftlern, Herstellern und Anwendern vorliegt, ist Innovation ein sozialer Prozess, bei dem bereits bestehende Wissensbestandteile neu untereinander sowie mit neuem, zusätzlichem Wissen kombiniert werden.«
Aus diesem systemischen Innovationsverständnis erweiterten sich sowohl die Anzahl der am Innovationsprozess beteiligten Akteure als auch die zu betrachtenden Einflussgrößen. Dies gelte in noch stärkerem Ausmaß für institutionelle und soziale Innovationen, die darauf abzielen, neue Rollen, Beziehungen, Normen und Werte zu entdecken, aus denen veränderte Lebensstile und neue Produktions- und Konsummuster resultieren können. Transformationen ganzer Systeme bestünden aus einem Zusammenspiel von technologischen, institutionellen und sozialen Innovationen, die sich zunächst in Nischen entwickelten. Es brauche in der Gesellschaft verankerte Zielformulierungen und Aushandlungsprozesse über die Geschwindigkeit, mit der etablierte Systeme ersetzt werden können. All dies steigere den Komplexitätsgrad von Transformationen gegenüber Einzelinnovationen erheblich.
Walz weiter wörtlich: »Die gesteigerte Komplexität der Steuerung von Innovationen bedarf damit sowohl neuer innovationspolitischer Ansätze und strategischer Intelligenz zum Erkennen von Nischen und deren künftiger Relevanz als auch neuer Politikformen im Sinne eines Mixes von Reflexion, Partizipation und Prioritätensetzung.«
Veranstaltungsdokumentation
Die Beiträge des Kongresses und des Festakts zum 25-jährigen Bestehen der DBU sind in Form einer ausführlichen Dokumentation im Internet nachzulesen .
Außerdem sind Videomitschnitte der Veranstaltung im Youtube-Kanal der DBU zu finden unter:
Videomitschnitt Nr. 1
Videomitschnitt Nr. 2