DBU aktuell Nr. 09 | 2019

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Die letztjährige DBU-Umweltpreis­trägerin Prof. Dr. Antje Boetius appellierte beim Umweltpreis­symposium für Meeres- und Klimaschutz. © Jan Rüter (DBU)
Die letztjährige DBU-Umweltpreis­trägerin Prof. Dr. Antje Boetius appellierte beim Umweltpreis­symposium für Meeres- und Klimaschutz.
Das Podium diskutierte zu Handlungs­ansätzen und zur Rolle von Politik und Gesellschaft. © Jan Rüter (DBU)
Das Podium diskutierte zu Handlungs­ansätzen und zur Rolle von Politik und Gesellschaft.

2.) Das Leben im Ozean verändert sich – Umweltpreissymposium zur Zukunft der Meere

»Der Ozean ist die Grundlage des Lebens auch fernab der Meere!« Mit diesen Worten eröffnete DBU-Generalsekretär Alexander Bonde das diesjährige Umweltpreissymposium »Unsicheres Fahrwasser: Die Zukunft der Meere«, das traditionell am Vortrag der Preisverleihung stattfand. Dass diese Zukunft sich im Moment entscheidet, betonte die letztjährige Umweltpreisträgerin, Prof. Dr. Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, in ihrem Impuls­vortrag: »Wir und unsere Zivilisation sind entstanden in einer Zeit, in der es eine relativ stabile Klimasituation gab, die wir jetzt völlig verändert haben. Und alles verändert sich mit, das gesamte Leben im Ozean, das Leben an der Küste. Wir Menschen merken das, aber die gesamte Natur merkt es natürlich auch.«

Im Hinblick auf den steigenden Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre und die damit einhergehende Klimaerwärmung, die sich besonders in den Polarregionen auswirkt, erläuterte die Wissenschaftlerin: »Das, was unser Klima stabil hält, die weiße Welt, die die Rückstrahlung des Sonnenlichts garantiert, die schmilzt gerade. Wo Eis schmilzt, wo Erde ins Meer fällt, wird alles dunkler und nimmt mehr Sonnenlicht auf und so kommen wir in einen positiven Rückkopplungsmechanismus.«

Boetius unterstrich dabei auch die Bedeutung der Forschung: »Eines der großen Ziele für das Leben unter Wasser und seine Dynamik bleibt: wissenschaftliche Kenntnisse vertiefen. Ohne dieses Wissen kommen wir nicht weiter mit Schutzkonzepten. Bisher kann nur die Grundlagenforschung überhaupt die Daten zusammentragen. Es gibt keine Polizei der Ozeane, es gibt auch keine Ämter, die die Meeresüberwachung inklusive aller biologischen Parameter leisten könnten.« Die Meeresforscherin schloss mit dem Appell: »Wenn wir uns konzentrieren müssen und vielleicht mal ein Ziel mit aller Kraft verfolgen, dann ist es meine tiefe Überzeugung, dass das der Klima­wandel ist.«

In der folgenden Podiumsdiskussion erörterten Boetius sowie Heike Vesper, Leiterin des WWF-Zentrums für Meeresschutz, DBU-Alumnus Dr. Daniel Oesterwind vom Thünen-Institut für Ostseefischerei und Dr. Bernd Brügge, Vizepräsident des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie, weitere Schritte und Handlungsoptionen. Vesper zielte dabei auch auf die Rolle jedes und jeder Einzelnen ab: »Es gibt schon viele gute Lösungen und Ansätze, die geschaffen, und Ziele, die gesetzt worden sind. Es fehlt allein am Willen, diese auch umzusetzen. Und zwar nicht nur auf politischer Ebene, sondern da können wir uns alle an die eigene Nase fassen.« Vor diesem Hintergrund lobte sie die aktuelle Klimaschutzbewegung »Fridays for Future«: »Dass die Jugend auf die Straße geht, finde ich genau richtig. Wir brauchen einen ganz starken öffentlichen Diskurs, damit Politik handeln kann, denn Politik reagiert immer nur auf das, was gerade am lautesten geschrien wird.«

Nach Handlungsansätzen gefragt, sagte Oesterwind: »Ein erster Aspekt, der wichtig und zentral ist, ist, die Menschen aufzuklären, dass sie durch bewusstes Handeln mitmachen und das Klima schützen können«. Er erläuterte: »Ich würde an die Gesellschaft appellieren, die Bedürfnisse zu ändern. Wir müssen vielleicht mal einen Schritt zurückgehen und sagen, von unserer Bequemlichkeit geben wir etwas auf für die Natur.«

Brügge plädierte für eine »deutlich bessere Kommunikationsstrategie der Politik«, die der »Bevölkerung reinen Wein« einschenke, ohne Angst und Panik zu verbreiten. Wichtig sei es, Ziele zu setzen, die erreichbar seien: »Wir müssen auch zurückspiegeln können, dass es einen Erfolg hat, Maßnahmen zu ergreifen und diese auch durchzusetzen.«

Boetius ergänzte: »Dieses Arbeiten mit gigantischen Zielen, die ständig gebrochen werden, führt zu einer merkwürdigen psychologischen Situation, bei der das Vertrauen sowohl in die Wissenschaft als auch die Politik schwindet.« Auch sie verwies auf Erfolgsgeschichten, die möglich wären »durch die richtige Kombination aus Bürgerwillen, Politik, Wirtschaft«. »Wenn alle zusammenhalten, dann schafft man das!«

Moderiert wurde das Symposium von Ingolf Baur, Diplom-Physiker und Wissen­schaftsjournalist bei 3sat, SWR und Deutscher Welle.


Zur Videoaufzeichnung des Symposiums (YouTube)

Bilder des Symposiums bei Flickr