Entwicklung einer biokatalytischen Synthese von β-chiralen Aminen

β-chirale Amine sind wertvolle Verbindungen der pharmazeutischen Industrie. Ein Beispiel dieser pharmazeutischen Wirkstoffklasse ist Baclofen. Ein alternativer, biokatalytischer Prozess soll es ermöglichen, selektiv (R)-Baclofen herzustellen und dabei die ökologische Effizienz von biokatalytischen Systemen mit ökonomischen Gesichtspunkten zu vereinen.

Baclofensynthese (Alternative) AZ 31842 © DBU-Projektpartner
Abb.1: Alternative Route zur Synthese von Baclofen: 1.) Reduktion der Carbonsäure und Aminierung des Aldehyds in einer Enzymkaskade. Im Anschluss an die beiden Routen erfolgt die Hydrolyse des Esters sowie die Aufarbeitung von (R)-Baclofen.
Messapparatur AZ 31842 © DBU-Projektpartner
Abb. 2
Kolben AZ 31842 © DBU-Projektpartner
Abb.3
Roll-up AZ 31842 © DBU-Projektpartner
Abb. 4

β-chirale Amine sind wertvolle Verbindungen der pharmazeutischen Industrie. Ein Beispiel dieser pharmazeutischen Wirkstoffklasse ist Baclofen, das schon seit längerer Zeit als Muskelrelaxans verwendet wird. In Zukunft könnte durch eine Indikationserweiterung (Unterstützung bei einer Abstinenztherapie) ein neues Anwendungs- und Marktfeld hinzukommen. Die Zulassung hierfür ist bereits für Frankreich erteilt und könnte bei Erfolg ggf. ausgeweitet werden. Zurzeit befinden sich rund 44 Fertigarzneimittel auf dem Markt. Der weltweite Jahresumsatz liegt bei ca. 133 Mio Euro.

Gegenwärtig findet nur das Racemat pharmazeutisch Verwendung, da das wirksame (R)‑Baclofen nur schwer von seinem (S)-konfiguriertem Gegenpart (Enantiomer) zu isolieren ist. Unser Ziel ist es, durch einen alternativen, biokatalytischen Prozess selektiv (R)-Baclofen herzustellen und dabei die ökologische Effizienz von biokatalytischen Systemen mit ökonomischen Gesichtspunkten zu vereinen. Die angestrebte Synthese von Baclofen enthält zwei enzymatische Schlüsselschritte (Abb. 1). Diese werden in den beiden Teilprojekten „Biokatalytische Carbonsäure-Reduktion“ und „Asymmetrische Aminierung“ bearbeitet. In beiden Teilschritten ist es erforderlich, die entsprechenden Katalysatoren, aber auch Reaktionsparameter zu identifizieren, die die jeweiligen Reaktionen insbesondere hinsichtlich der Enantiomerenreinheit und Raumzeit-Ausbeute effizient ausführen können.

Das Screening der Enzyme und die Multiparameter-Reaktionsoptimierung erfolgt zunächst im Labor-Maßstab an der Universität Greifswald, die ausgewiesene Experten auf dem Gebiet der Biokatalyse sind. Anschließend erfolgt das UpScaling der Reaktionen in enger Kooperation mit der Firma Enzymicals AG hin zum Prozess-Maßstab beim Partner Herbrand PharmaChemicals GmbH, der seit den 1940er Jahren pharmazeutische Wirkstoffe und Fertigarzneimittel produziert.

Durch diese chirale Synthese ist es möglich, Arzneimittel mit dem 5-fach aktiverem (R)‑Baclofen zu vermarkten. Im Zuge einer Neuzulassung wird es den Gedanken der spezialisierten Pharmazie verstärken, die sich auf Patientenindividualität und Reinheit der wirksamen Bestandteile fokussiert. Außerdem kann so im Vergleich zu den aktuellen Synthesen eine Verbesserung in puncto Effizienz erzielt und schädliche Umwelteinflüsse verringert werden.

AZ 31842

Projektdurchführung

Dr. Martin Erhardt
Herbrand PharmaChemicals GmbH
Brambachstr. 31
77723 Gengenbach
erhardt@herbrand-hpc.de


Jun. Prof. Dr. Matthias Höhne
Universität Greifswald
Institut für Biochemie
Felix-Hausdorff-Str. 4
17487 Greifswald
Matthias.Hoehne@uni-greifswald.de


Dr. Ulf Menyes
Enzymicals AG
Walther-Rathenau-Str. 49a
17489 Greifswald
info@enzymicals.com